Die Landeshauptstadt Magdeburg äußert deutliche Kritik an dem von Bildungsministerin Eva Feußner vorgestellten Entwurf des neuen Schulgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt. Besonders die geplante Abschaffung der Gastschulbeiträge sowie die Einführung von Mindestschülerzahlen gefährden die finanzielle Stabilität und die Bildungsinfrastruktur der Stadt. Allein durch den Wegfall der Gastschulbeiträge erwartet Magdeburg erhebliche Einnahmeverluste in Millionenhöhe.
Mindestschülerzahlen gefährden Bestand von Grundschulen und Gemeinschaftsschulen
Laut dem Gesetzentwurf soll ab August 2027 eine Mindestschülerzahl von 25 Schülerinnen und Schülern (SuS) pro erste Klassen an Grundschulen gelten. Aktuell ist in Magdeburg gemäß Stadtratsbeschluss die mittlere Klassenfrequenz auf 22 SuS festgelegt, um den Kindern eine wohnortnahe Beschulung mit kurzen Schulwegen zu ermöglichen.
Die Änderung auf eine Mindestschülerzahl von 25 SuS könnte eine existenzielle Bedrohung für einige Grundschulen in Magdeburg bedeuten, insbesondere in den weniger dicht besiedelten Stadtteilen. Inwieweit die Möglichkeit der Bildung von Schulverbünden eine adäquate Qualitätssicherung darstellen könnte, ist derzeit offen.
Bereits im aktuellen Schuljahr hätte die Einführung dieser Regelung dramatische Auswirkungen gehabt: Bei einer Mindestzahl von 25 Kindern pro Klasse wären rechnerisch bis zu 18 Klassen weniger im Stadtgebiet gebildet wurden, was einer Reduzierung der Kapazitäten um etwa 17 % entspricht. Dies würde nicht nur zu einer Verringerung des Angebots führen, sondern auch zu ungleichmäßigen Schülerverteilungen und teilweise erheblich längeren Schulwegen.
Besonders betroffen wären Grundschulen in den Randlagen der Stadt. Die in der Regel 2-zügigen Grundschulen könnten mittelfristig im Bestand gefährdet sein. Dadurch wird der Zugang zur Bildung für viele Kinder erheblich erschwert und die bisher wohnortnahe Beschulung wäre nicht mehr gewährleistet. Die geplanten Maßnahmen würden auch zu einer deutlichen Verschlechterung der Lernbedingungen führen, da zusätzliche Klassen erst bei einer Klassengröße von über 28 Kindern eingerichtet werden dürften, was überfüllte und pädagogisch ungünstige Lernumgebungen zur Folge hätte.
Bereits 2020 richtete der damalige Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper ein Schreiben an das Bildungsministerium, in dem auf die mittlere Klassenfrequenz von 22 Schülerinnen und Schülern in Magdeburg hingewiesen und auf dieser Grundlage auch die Schulentwicklungs- und Investitionsplanungen für notwendige Sanierungen abgeleitet wurden. Das Land bestätigte, dass der Schulträger (respektive der Stadtrat) die Möglichkeit hat, die Klassenfrequenz eigenständig festzulegen. Infolgedessen hat die Landeshauptstadt ihre Schulentwicklungsplanung fortgeschrieben und gezielt in die Sanierung und Qualifizierung von Schulstandorten investiert. Heute ist die Stadt stolz auf den fortgeschrittenen Sanierungsstand vieler Schulen.
Die aktuelle Gefährdung von Schulstandorten durch den neuen Gesetzentwurf birgt jedoch das Risiko erheblicher finanzieller Verluste für die Landeshauptstadt, insbesondere wenn auch kürzlich sanierte Objekte davon betroffen sind.
Bestandsgefährdung von Gemeinschaftsschulen
Für die weiterführenden Schulen sieht der Entwurf vor, dass in kreisfreien Städten wie Magdeburg künftig mindestens drei Klassenzüge pro Jahrgang an Gemeinschaftsschulen erforderlich sind. Diese Anforderung können drei Gemeinschaftsschulen in Magdeburg, darunter die „GmS Thomas Mann“, die „GmS Heinrich Heine“ und die „GmS Thomas Müntzer“, aufgrund ihrer baulichen Kapazitäten nicht erfüllen. Ohne Sondergenehmigungen durch das Landesschulamt Sachsen-Anhalt steht der Bestand dieser Schulen auf dem Spiel. Eine derartige Einschränkung bedroht die schulische Vielfalt und die wohnortnahe Beschulung massiv.
Wegfall der Gastschulbeiträge führt zu Millionendefizit
Der Gesetzentwurf sieht weiterhin vor, die Gastschulbeiträge ab 2027 abzuschaffen. Diese Beiträge, die Magdeburg für Schülerinnen und Schüler erhält, die in anderen Gemeinden oder Landkreisen leben und in der Landeshauptstadt zur Schule gehen, stellen einen wichtigen finanziellen Ausgleich der Aufwendungen der Landeshauptstadt für die auswärtigen SuS dar. Durch den Wegfall würde der Stadt Magdeburg ein finanzieller Schaden von mindestens 1,5 Millionen Euro entstehen.
Gleichzeitig ist die Landeshauptstadt verpflichtet, weiterhin Schülerinnen und Schüler aus den umliegenden Gemeinden aufzunehmen, insbesondere bei fehlenden Schulformen im ländlichen Raum, wie Förderschulen und berufsbildenden Schulen. Allein im letzten Schuljahr wurden knapp 3.200 auswärtige Schülerinnen und Schüler in Magdeburg unterrichtet, was etwa 12 % der Gesamtanzahl der Schüler ausmacht.
Der Verzicht auf die Gastschulbeiträge, der laut Ministerin Eva Feußner dem Bürokratieabbau dienen soll, ist aus Sicht der Landeshauptstadt Magdeburg klar abzulehnen. Die geringen personellen Einsparungen stehen in keinem Verhältnis zu den erheblichen Aufwendungen, die für die Bereitstellung der Bildungsinfrastruktur für Gastschüler notwendig sind. Die Einnahmen aus Gastschulbeiträgen sind für die Finanzierung dieser Leistungen unerlässlich.
Darüber hinaus führt die Neuregelung, wonach die Landeshauptstadt die Bearbeitung von Anträgen auf Beschulung außerhalb des Schulbezirks übernehmen muss (§ 41 Abs. 1 SchulG LSA), zu zusätzlichen personellen und finanziellen Belastungen. Bisher wurde diese Aufgabe landesweit einheitlich vom Landesschulamt wahrgenommen. Die jährliche Bearbeitung von etwa 300 Anträgen sowie mögliche Klageverfahren bei Ablehnungen werden die Stadt weiter personell und finanziell belasten.
Die Oberbürgermeisterin fordert in diesem Zusammenhang eine vollständige finanzielle Kompensation durch das Land: „Wenn Magdeburg weiterhin die Aufgabe übernimmt, Schülerinnen und Schüler aus dem Umland zu beschulen, erwarte ich, dass das Land diese Leistung in voller Höhe finanziell ausgleicht. Es darf nicht sein, dass die kreisfreien Städte einseitig belastet werden, während das Land seiner Verantwortung nicht nachkommt.“ (PM LH MD)
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